Seit gestern Nachtgibt es keine Ausnahmen mehr: Die Lkw-Maut gilt nun auf allen Bundesstraßen in Deutschland. Der Bund freut sich über die verlässliche Einnahmequelle, das Transportgewerbe protestiert.
Mehr als 13 Jahre nach ihrer Einführung auf den Autobahnen gilt die Lkw-Maut nun auch auf allen Bundesstraßen in Deutschland. Der Betreiber Toll Collect schaltete gestern Mitternacht ein deutlich erweitertes Streckennetz für sein Abrechnungssystem frei, wie das Unternehmen mitteilte. Bisher mussten Lastwagen ab 7,5 Tonnen bereits für rund 2300 Kilometer Bundesstraße Maut zahlen. Jetzt wurde die Pflicht auf das gesamte 39.000 Kilometer lange Bundesstraßennetz ausgedehnt. Der Bund erwartet aus der Lkw-Maut künftig Einnahmen von im Schnitt 7,2 Milliarden Euro pro Jahr, wenn zum 1. Januar 2019 auch neue Tarifsätze gelten. Das sind rund 2,5 Milliarden Euro mehr als bisher.
Abzüglich der Kosten für den Systembetrieb ist das Geld für Investitionen in die Straßen reserviert. Da etwa acht Prozent der Bundesstraßen in der Regie der jeweiligen Länder liegen, bekommen sie den entsprechenden Einnahmeanteil. Die Ausdehnung auf alle Bundesstraßen hatte noch die vorige Große Koalition beschlossen.
„Wir haben das Bauhauptgewerbe, dazu zählen Dachdecker, Zimmerer, Gerüstbauer. Dann die Bauunternehmer als solche: Straßen- und Tiefbauer“, sagte Ulrich Fesser von der Handwerkskammer Köln. „Die fahren mit größeren Lkw über 7,5 Tonnen. Aber es gibt darunter auch viele, die mit 7,49 Tonnen unterwegs sind.“ Wenn diese einen Anhänger mitnehmen und dadurch 7,5 Tonnen überschreiten, werden sie mautpflichtig.
Spediteure kritisieren die zusätzliche Belastung durch die Maut. Der Deutsche Speditions- und Logistikverband warnt vor einem „erheblichen Kostenschub“ in Milliardenhöhe. Ob und in welchem Umfang die Mehrkosten an Hersteller, Händler und Kunden weitergegeben werden, wird jeder Betrieb selbst durchrechnen müssen. Die Bundesregierung geht nicht von höheren Preisen für Verbraucher aus. Überwacht wird die Lkw-Maut durch mobile Kontrollen des Bundesamts für Güterverkehr. Mit 300 Kleintransportern prüft die Behörde bundesweit, ob die Straßennutzungsgebühr ordentlich bezahlt wurde. Daneben gibt es 300 Kontrollbrücken an Autobahnen.
An einen neuen Anblick am Straßenrand müssen sich alle Fahrer gewöhnen. Hunderte blaue Kontrollsäulen, vier Meter hoch, sind bundesweit aufgestellt worden. Sie sind eine weitere, vollautomatische Kontrollmethode. Die Säulen seien farblich so gestaltet, dass eine Verwechslung mit Geschwindigkeitskontrollen ausgeschlossen sei, erklärte Mautbetreiber Toll Collect.
Zur Zukunft des Lkw-Mautsystems stehen wichtige Entscheidungen an. Der Vertrag mit Toll Collect endet am 31. August. Dann sollen die Anteile – vorübergehend für sechs Monate – an den Bund gehen. Noch in diesem Jahr soll ein neuer Betreiber den Zuschlag bekommen, der dann ab 1. März 2019 den Mautbetrieb übernimmt.
Quelle: tagesschau.de